Thomas Cerny war 34 Jahre lang Onkologe aus Leidenschaft. Seit 2017 ist er pensioniert. Was aber nicht heisst, dass er sich nicht noch weiter seinem Interesse für die Onkologie verpflichtet fühlt.
Von Carole Bolliger
Nicht von Anfang an war für den damals jungen Assistenzart klar, in welche Fachrichtung es ihn treiben würde. „Als ich die Ausbildung auf der Inneren Medizin gemacht habe, bin ich geschwankt zwischen der Kardiologie und der Onkologie“, erinnert sich Thomas Cerny. Der heute 71-Jährige entschied sich dann für die Onkologie. Im Gegensatz zur Kardiologie, wo es primär darum ging, ein wichtiges Organ zu reparieren, faszinierte ihn an der Onkologie von Anfang an, dass sie verschiedene Facetten hatte, viele ungelöste Probleme bestanden und es immer um eine menschlich existenzielle Herausforderung ging. „Wir betreuten damals eine junge Mutter mit Leukämie. Da stand das ganze Leben zur Diskussion, nicht nur ein Organ oder ein kleiner Infarkt, es war existenziell für die ganze Familie.“ Da es sich bei der Onkologie nicht wie bei der Kardiologie um „Reparaturmedizin“ handelte, entschied er sich für die Onkologie. Seinen Entscheid hat er während all der 34 Jahre, in denen Thomas Cerny als Onkologe tätig war, keine Sekunde bereut. „Die Menschen und ihre Schicksale haben mich angetrieben. Trotz allem Fortschritt in der Medizin ist Krebs heute immer noch die Todesursache Nummer 2.“ Diesen Menschen zu helfen, spornt ihn bis heute an.
Wenn auch nicht mehr als aktiver Onkologe. Denn 2017 trat er sein neues Leben als Onkologie-Rentner an. Thomas Cerny geniesst es. Seit 25 Jahren ist er mit seiner zweiten Frau verheiratet. Er hat drei Kinder. Die Tochter lebt in Bolivien. Die beiden Söhne wohnen näher und so kann er viel Zeit mit seinen drei Enkelkindern verbringen. Der 71-Jährige ist ein leidenschaftlicher Musiker. Nun hat er Zeit, auch mit Freunden Kammermusik zu spielen und dafür sein eigenes Musikstudio eingerichtet.
Vielseitig engageiert
Die Onkologie-Praxis vermisst er nicht. Doch ganz den Rücken gekehrt hat er ihr nicht. Während seiner aktiven Zeit und auch danach war er mehrere Jahre Präsident der Krebsliga Schweiz. Bis Ende 2022 war er auch noch 13 Jahre Präsident der Krebsforschung Schweiz. Heute noch engagiert er sich bei Swissmedic in der Kommission HMEC – die beratende Kommission für die Zulassung der Medikamente und Impfungen. Im Hospiz St Gallen ist er noch für ein Jahr Vize-Präsident.
Auf seine Karriere als Onkologe – wovon er die letzten 20 Jahre im Kantonsspital St. Gallen Chefarzt war – schaut er gerne und mit Befriedigung zurück. Wichtig war ihm zu jederzeit, ein sehr gutes Team zu haben. „Ich wollte nicht nur die Ärzte sondern auch die Pflegefachpersonen in ihrer Entwicklung unterstützen und fördern und fordern.“ Cerny hat sich stark und lange für die eigene Medical School am Kantonsspital St. Gallen engagiert. „Wir haben politisch viele Rückschläge erlitten. Umso schöner war es, als es dann geklappt hat und ich als Chefarzt nach so vielen Jahren Kampf den Erfolg noch erleben konnte.“ Und was war für Thomas Cerny in all den Jahren als Onkologe am wichtigsten? „Das Wohl der Patientinnen und Patienten. Der Patient sollte immer der Leitstern eines jeden Onkologen sein.“ Cerny freut sich, dass die letzten 34 Jahre durch die erfolgreiche Krebsforschung einen enormen Fortschritt in der Onkologie gebracht haben. „Heute können viel mehr Leute geheilt werden als früher und viele Menschen können lange gut mit einer Krebserkrankung leben.“
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