Wir wollten von Lukas Engelberger, Präsident der GDK (Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren) wissen, ob bald auch die Fachbereiche Onkologie und Hämatologie von einem Zulassungsstopp betroffen sein werden und was dieser für sie bedeuten würde.
von Carole Bolliger
Lukas Engelberger, verschiedene medizinische Fachbereiche in verschiedenen Kantonen sind schon von einem Zulassungsstopp betroffen. Wird es auch noch die Onkologie und Hämatologie treffen?
Es ist eine Zulassungssteuerung, kein Stopp. Im Moment sieht es – soweit ersichtlich – nicht danach aus, dass die Fachbereiche Onkologie und Hämatologie von einer Zulassungssteuerung betroffen wären.
Die Kantone sind verpflichtet, in einem oder mehreren medizinischen Fachgebieten oder in bestimmten Regionen die Anzahl Ärztinnen und Ärzte zu beschränken, die zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung Leistungen erbringen. Bei der Wahl der medizinischen Fachgebiete oder Regionen lassen sich die Kantone davon leiten, ob eine Überversorgung besteht.
Wie solide sind die Berechnungszahlen?
Solide Berechnungszahlen werden derzeit bearbeitet. Der Bundesrat hat die Kriterien und die methodischen Grundsätze für die Festlegung von Höchstzahlen festgelegt. Die Festlegung der Höchstzahlen beruht demnach auf der Ermittlung des Angebots an Ärztinnen und Ärzten und auf regionalen Versorgungsgraden, die vom Bund erarbeitet werden. Die Versorgungsgrade erlauben keine direkte Aussage über eine allfällige Unter- oder Überversorgung. Zur Berechnung der Höchstzahlen können die Kantone deshalb zusätzlich einen Gewichtungsfaktor verwenden. Mit diesem kann beispielsweise eine mögliche nationale Unter- oder Überversorgung berücksichtigt werden.
Das Gesundheitsobservatorium (Obsan) und das Institut für Volkswirtschaftliche Beratung (BBS) empfehlen, die Methodik zur Berechnung der Versorgungsgrade alle vier bis sechs Jahre zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Die erste Überprüfung solle bereits 2024 erfolgen und der Fokus sei auf eine vertiefte Analyse der (sprach-)regionalen Unterschiede in einzelnen Fachgebieten zu legen. Die GDK fordert, dass die neuen Versorgungsgrade spätestens im Herbst 2024 publiziert werden, damit sie den Kantonen rechtzeitig zur Verfügung stehen: spätestens ab dem 1. Juli 2025 müssen diese mindestens für ein Fachgebiet oder für eine Region die Zulassung der Ärztinnen und Ärzte gemäss Methodik der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich beschränken.
In welchem Zeitraum werden die Kantone versuchen, den Zulassungsstopp umzusetzen?
Einige Kantone, darunter Basel-Stadt, haben bereits Höchstzahlen festgelegt. Die Kantone müssen ab spätestens 1. Juli 2023 in mindestens einem Fachgebiet oder in einer Region die Zulassung beschränken. Bis spätestens am 1. Juli 2025 müssen die Kantone Höchstzahlen nach der neuen Methode festlegen.
Die Rekrutierung von Onkologen ist schon jetzt nicht einfach. Ein Zulassungsstopp würde das Problem nur noch mehr vergrössern. Was würde das für den Fachbereich bedeuten?
Onkologie und Hämatologie stehen unseres Wissens aktuell nicht im Vordergrund bei der Zulassungssteuerung. Krebspatientinnen und -patienten sind auf bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen angewiesen. Dazu gehört auch ein gutes Angebot in der Grundversorgung. Mit der Beschränkung der Zulassung in medizinischen Fachgebieten oder in Regionen, in denen eine Überversorgung besteht, soll zudem das Versorgungsangebot indirekt in Richtung der Fachgebiete oder Regionen gelenkt werden, in denen eine Unterversorgung besteht. Die GDK hat deshalb die Zulassungsvorlage unterstützt.
Was würde es für die Patienten bedeuten?
Die Patientinnen und Patienten sollten im Idealfall nichts bemerken, da mit den Höchstzahlen einzig die Überversorgung angegangen werden soll. Und wenn es gelingt, durch einen Zulassungsstopp in einigen Regionen und Fachgebieten die Versorgung in anderen Regionen und Fachgebieten zu verbessern, profitieren die Patientinnen und Patienten von der Zulassungssteuerung.
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