„Eine falsche Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten gefährdet die Versorgungssicherheit“

24. Februar 2023 | Politik | 0 Kommentare

Im Sommer 2020 hat das Parlament für die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten, die zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abrechnen dürfen, eine neue gesetzliche Grundlage verabschiedet. Am 1. Juli 2021 ist Art. 55a KVG «Beschränkung der Anzahl Ärzte und Ärztinnen, die im ambulanten Bereich Leistungen erbringen» in Kraft getreten.

Von Carole Bolliger

Gemäss neuem Recht setzen die Kantone Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich fest. Der Bundesrat gibt Kriterien und methodische Grundsätze für die Festlegung der Höchstzahlen vor. Die Kantone beschränken in einem oder mehreren medizinischen Fachgebieten oder in bestimmten Regionen die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die im ambulanten Bereich Leistungen zulasten der OKP erbringen. 

Onkologie und Hämatologie noch nicht betroffen

Bis jetzt sind die Fachbereiche Onkologie und Hämatologie noch nicht vom Zulassungsstopp betroffen. Doch das kann sicher jederzeit ändern. Wir wollen wissen, wie verschiedene Institutionen sich auf den Fall vorbereiten. Den Anfang machen die Hirslanden Kliniken. Claude Kaufmann, Mediensprecher Hirslanden Kliniken, steht Red und Antwort:

Claude Kaufmann, Verschiedene medizinische Fachbereiche in verschiedenen Kantonen sind schon von einem Zulassungsstopp betroffen. Was, wenn er auch für die Onkologie und Hämatologie eintrifft? Was würde das für Ihre Kliniken bedeuten?

Bisher haben nur vereinzelte Kantone die Obergrenzen gemäss Zulassungsteuerung überhaupt umgesetzt. Zuletzt musste der Kanton Baselland seine Verordnung zur Zulassungssteuerung, welche Beschränkungen in acht Leistungsbereichen vorsah – nach einem aufhebenden Urteil des kantonalen Verfassungsgerichtes – wieder zurückziehen. Das Urteil dürfte eine Signalwirkung auch für die anderen Kantone haben. Die publizierten Zahlen zur Zulassungssteuerung ergaben in den Kantonen für die beiden Fachgebiete Onkologie und Hämatologie ein sehr uneinheitliches Bild von Versorgungsgraden zwischen 50% bis 160% je nach Kanton. Es kann somit durchaus sein, dass gewisse Kantone das eine der beiden Fachgebiete oder beide zu steuern gedenken. 

Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Aktuell geht es vor allem darum, die kantonale Umsetzung der eidgenössischen Vorgaben zur Zulassungssteuerung genau zu verfolgen. Wir tun dies im Kanton Zürich etwa gemeinsam mit dem VZK (Verein Zürcher Krankenhäuser), in welchem Klinik Hirslanden Direktor Marco Gugolz auch Vorstandsmitglied ist. Wir werden sicherstellen, dass die Zulassungssteuerung private und öffentlich-rechtliche Leistungserbringer nicht diskriminieren, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf möglichst frei und unreglementiert ausüben können und dass die Versorgungssicherheit für unsere Patientinnen und Patienten gewährleistet wird.

Was würde ein Zulassungsstopp für die Patienten bedeuten? Auch wenn es weniger Ärzte gibt, werden die Patienten nicht weniger krank. Wird damit nicht das Gesundheitswesen und somit die Gesundheit der Patienten gefährdet?

Eine falsche Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten gefährdet zweifelsohne die Versorgungssicherheit. Insofern war das wegweisende Urteil aus dem Kanton Baselland auch ein Erfolg für die Gesundheitsversorgung, die Bevölkerung sowie für die Ärzteschaft. Das Urteil gibt uns Mitbestimmungsmöglichkeiten in die Hand, um die Schwächung der lokalen Versorgungssicherheit zu unterbinden. Bei der kantonalen Umsetzung muss darum genau darauf geschaut werden, ob die Versorgungssicherheit in den betroffenen Leistungsbereichen noch gewährleistet ist. Also ganz konkret, wie bei knappen Ressourcen die Versorgungsgerechtigkeit für Patientinnen und Patienten noch gewährleistet wird. Die OBSAN-Zahlen zeigen klar auf, dass in der Mehrheit der Fachgebiete und der Kantone die Ärztedichte unter dem Versorgungsbedarf von 100% liegt.

Was  würde es für die medizinische Fachrichtung Onkologie und Hämatologie bedeuten? Es ist eh schon schwierig, Nachwuchs zu rekrutieren. 

Es ist für alle Fachgebiete aus vielen Gründen schwierig, Nachwuchs zu rekrutieren. Die Zulassungsregulierung ist eine davon. Es gilt sich hier als Ärzteschaft zusammen mit den Spitälern als deren engsten Partner für eine qualitativ optimierte Versorgung zugunsten unserer Patientinnen und Patienten und für den Nachwuchs einzusetzen. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option.

Oncotalks.ch wollte vom Kanton Zürich wissen, ob ein Zulassungsstopp für Onkologen und Hämatologen geplant ist. Die zuständige Abteilung konnte dazu noch keine Auskunft geben. Dies werde innerhalb der Regierung entschieden, voraussichtlich noch im ersten Quartal. Wir bleiben dran. Lesen Sie hier bald, was Lukas Engelberger, Präsident GDK, zum Thema Zulassungsstopp von Onkologen und Hämatologen sagt.

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